Führungen
„Tour de Natur“ Wald-Geschichte-Holzwirtschaft in Grettstadt
Hinaus in die Natur ging es wieder bei der Tour de Natur am 18.04.2015, mit einer geführten Wanderung unter dem Thema „Wald-Geschichte-Holzwirtschaft“. Die Gemeinde hatte alle Geschichtsinteressierten, Naturliebhaber und „Holzmacher“ aus dem gesamten Mainbogengebiet auf eine Weglänge von rund 5 Kilometern eingeladen. Bei bestem Wanderwetter war die Resonanz überwältigend: Bürgermeister Ewald Vögler freute sich über fast 60 Teilnehmer. Auf der Wanderung durch die Wälder und Waldsäume im Waldgebiet Eichig, vorbei an der Naturschutzfläche Grettstädter Wiesen, verschiedenen Bildstöcken und Marterli führte die Tour zur wiedergefundenen und neu aufgestellten „Sandmarter“.
Wissenswertes und Interessantes zur Waldbewirtschaftung erläutern Bürgermeister Ewald Vögler und Forstwirt Gerhard Nicklaus. PEFC-Zertifizierung, Brennholz, aber auch die Wiederaufforstung des Tornadoschadens im Jahr 1980 wurden dabei thematisiert. Der Sturm von höchstens drei Minuten Dauer hatte gegen 19.20 Uhr eine schmale Schneise durch den Ort und in den Gemeindewald geschlagen. Mehr als 50 Wohnhäuser wurden beschädigt, dazu ebenso viele landwirtschaftliche Gebäude. Im Wald wurden 450 Festmeter Holz zerstört, erklärte Niklaus, weit mehr als üblicherweise in einem Jahr eingeschlagen werden. Der Tornado zog von West nach Ost über den Ort hinweg. Dabei wurden Äste und Baumteile aus dem Wald bis in den Ort getragen. Der Schaden wurde auf über eine Million Mark geschätzt. Viele Teilnehmer der Wanderung konnten sich noch lebhaft an die Naturgewalten erinnern.
Gerhard Niklaus hatte als besondere Überraschung ein Schätzquiz zu Alter (rund 200 Jahre) und Verkaufswert (rund 3500 bis 4000 Euro) einer Eiche am Eichig-Hauptweg vorbereitet. Als Gewinn lockte eine mit Schokolade behangene Eberesche für den heimischen Garten. Bärlauch-Brote warteten auf alle Teilnehmer auf der Aufforstungsfläche. Hier ging Niklaus auf die Verwechslungsgefahr zwischen Bärlauch und Maiglöckchen ein. Der Weg führte die Gruppe vorbei an den Reliktenflächen „Grettstadter Wiesen“. Die Orchideenwiese wurde vor acht Jahren renaturiert und erfreut mit botanischen Besonderheiten. Seit zwei Jahren hat der Landkreis die Nachbarwiese als Naturschutzfläche angekauft, erläuterte Bürgermeister Vögler, der Historisches zur untergegangen Siedlung Sichenhof und zu verschwundenen Reitern im Moor ergänzte. Geschichtliche Zusammenhänge und Erklärungen gab es von Ruth Volz vom Historischen Arbeitskreis zu den fünf Bildstöcken in und um den Eichig.
Als Höhepunkt freute sich die Wandergruppe über die von Helmut Böhm sanierte und neu aufgestellte „Sandmarter“, was die Gemeinde mit einem kleinen Umtrunk feierte. Die Marter galt über 30 Jahre als verschwunden und wurde jüngst bei Aufräumarbeiten im Bauhof wiedergefunden. Der langjährige Gemeinderat Georg Laufer organisierte Sanierung und Aufbau des Denkmals aus dem Jahr 1771. Er hatte außerdem alle Bildstöcke im Eichig mit Bürste und Wassereimer gereinigt, von Moos befreit, freigeschnitten und bei der Kiliansmarter einen Weg über den Graben geschaffen. Nach dem Aufstellen einer Sitzbank ist dort ein schöner Platz entstanden der zum Innehalten einlädt.